15.04.2016

Interview - 10 Fragen/10 Antworten zum Specialized Turbo Levo

Ganz große Resonanz in den Medien sowie der Netz Community bekommt aktuell das eMountainbike "Turbo Levo" vom U.S. amerikanischen Hersteller Specialized.
Wir hatten die Gelegenheit in einem Interview mit dem Produktmanager im eBike Bereich, Dominik Geyer, einige Fragen rund um das populäre Bike und der darin verwendeten Technik zu stellen.


Pedelec-Biker (pb): Euer Levo startet gleich als +Bike, andere ebike-Hersteller sind da noch etwas zurückhaltender. Wie kam es zu diesem Format direkt zum Einstieg?
Dominik Geyer (dg): Specialized glaubt an die Vorteile von +Reifen bei Trail Bikes (wir nennen sie 6Fattie) und sind überzeugt, dass es gerade für ein Bike wie das Levo die perfekte Bereifung ist!
Die Reifen liefern einen unglaublichen Grip (69% mehr als Standard 2.3er) und können nicht nur bergab, sondern gerade auch in Kombination mit der Motor-Power im Anstieg sehr glänzen.

pb: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Brose, was zeichnet diese aus?

dg: Wir hatten ein klares Projektdefinition und Anforderungen an unser Levo: Es muss ein wahres MTB sein, welches eben zusätzlich noch unsere Turbo-Technologie integriert hat. Aber die oberste Priorität lag darauf, dass es ein wahres MTB Trail Bike sein muss, welches sich auch wie all unsere Specialized MTB Bikes im Trail fahren lassen. Brose hat dabei insgesamt sehr gut in unser Gesamtkonzept gepasst und es uns ermöglicht, einen eigenen Motor speziell nach unseren Vorstellungen zu machen. Jedoch darf man nicht vergessen, dass diese Zusammenarbeit mit Brose ja nur eine von einigen ist und nur ein Beispiel dieser Vorgehensweise darstellt.

pb: In wie fern weicht euer Motor vom Brose-Standard ab?
Was sind die konstruktiven Eigenheiten die es zum „Specialized“ macht?

dg: Die Motorensoftware ist unsere eigene, unterscheidet sich zu vollkommen von der Standard Brose-Software. Wir haben sehr großen Aufwand und Zeit investiert, um den Motor vom Ansprechverhalten und der Kraftentfaltung auf Trail-Bedürfnisse anzupassen und haben den Motor dahingehend optimiert. 

pb: Wie kam es zur Überlegung ein eBike ganz ohne serienmäßiges Display zu machen? Kommt da eventuell noch etwas Kabellos optionales?
dg: Diese Aussage ist so nicht ganz korrekt, da wir das Levo serienmäßig mit einem Display ausstatten – dem sog. Trail Display. Dies sitzt jedoch nicht am Lenker, sondern auf der Batterie. Das Trail-Display zeigt dem Fahrer die Batterie-% an (10 LEDs, pro LED = 10%), man kann die Modi wechseln und das Bike on/off machen.

Zudem kommuniziert die Batterie mit jedem ANT+ Gerät oder Geräte mit einem sogenannten LEV-Protokoll und kann dort diverse Werte wie Batterie% abspiegeln. 
Darüber hinaus haben wir just in Kooperation mit Garmin unsere Specialized Turbo Levo Connect IQ App vorgestellt. Mit Hilfe dieser kostenlosen App werden alle relevanten Informationen des Levos übersichtlich auf einer eigens gestalteten Benutzeroberfläche auf den Garmin-Geräten angezeigt und entspricht damit zu 100% den Wünschen eines „klassischen“ E-bike Lenker-Displays. 
Mit dem Vorteil, dass das Garmin auch weiterhin ganz normal auch am Rennrad, MTB etc genutzt werden kann.

Zusätzlich wird ANT+ und Bluetooth nicht altern, jedes fest am Lenker installierte Display wird jedoch in 3 Jahren veraltet sein. In diesem Atemzug muss außerdem auch unsere Mission Control App und speziell das Smart Control Feature genannt werden. Smart Control (=intelligenter Algorithmus, der alle 10s mit dem Levo kommuniziert) erlaubt es dem Rider seine gewünschte Distanz/Fahrzeit und die gewünschte Rest-Akkukapazität anzugeben und das Bike passt dementsprechend den Motoroutput automatisch an, sodass der Rider die Batterie-% nicht mehr beachten und nicht mehr zwischen den Modi hin- und herwechseln muss, sondern einfach Spaß auf den Trails haben kann. 
Zudem bringen wir auch noch eine Wireless Remote auf den Markt, mit der der Rider vom Lenker aus die Modi wechseln kann. Diese Remote kommuniziert via ANT+ mit dem Levo. 
Die Remote wird im Aftermarket erhältlich sein und 79.90€ kosten. All dies zusammengefasst repräsentiert unser variables „Lenker-Baukastenprinzip“ – jeder Rider hat die Möglichkeit, sein Levo und das „Lenkermanagement“ an seine persönlichen Bedürfnisse anzupassen!

pb: Wieso muss man euren Akku mit Werkzeug anstatt mit einem Schloss entfernen? War alleinig der feste Sitz ausschlaggebend?
dg: Unsere Batterie ist mit einer simplen Steckachse im Rahmen fest integriert. Der Vorteil dieser smarten Lösung mit der exzentrischen Aufnahme ist, dass die Batterie auch nach längerer Zeit nicht zu rattern anfängt, wie wir das bei einigen Bikes draußen im Feld gesehen haben (weil gerade bei E-MTBs die Batterie-Halterungen leicht ausschlagen). Wir hassen jedoch Geräusche beim Biken und haben daher viel Zeit und Gehirnschmalz investiert, um hierfür eine adäquate Lösung zu finden.

pb: Was zeichnet euer Levo im Gegensatz zur Konkurrenz aus, auf was habt ihr besonderen Wert gelegt?
dg: Um es auf drei Schlagworte runter zu brechen ist es Handling, Integrierte Power und Reichweite! 
Diese drei Überthemen standen bei der Entwicklung unseres Levos im Fokus und um diese drei Schlagwörter herum haben wir das Bike entwickelt.

Handling: Für uns war es wie gesagt elementar wichtig, dass es sich wie ein Specialized Trail-Bike handelt und entsprechend vereint die Geometrie all diese Attribute: 67° Steuerwinkel vereint Laufruhe und Reaktionsfreudigkeit, 342mm Tretlagerhöhe schafft hohe Kurvenstabilität, 459mm kurze Kettenstreben ergeben eine hohe Wendigkeit, 6Fattie System bietet hohe Kontrolle durch 3.0“ Reifen auf 38mm breiten Felgen.
Außerdem sind die Dämpfer auf das Levo, den Einsatzbereich und Fahrer speziell abgestimmt – wir sprechen hier von Rx Trail tuned: Größen- und Bike-spezifische Druckstufendämpfung, optimierte Zugstufendämpfung, angepasstes Dämpfer-Volumen für etwas mehr Progression.

Integrierte Power: Hier sind natürlich der Custom for Specialized, über Belt-Drive betriebene integrierte Motor zu nennen sowie die integrierte Batterie (Drei verschiedene Versionen: 504 / 460 / 420 Wh), welche mit IP67 Rating einen sehr hohen Wasser/Schmutz Schutz aufweist. 
Die Detaildaten zum Motor sind: 250W nominal, 530W max. sowie 90 Nm. Aber wie gesagt, der Motor ist von seiner Software auf den Trail-Einsatz optimiert und entsprechend in seiner Kraftentfaltung sehr smooth und gleichmäßig und nicht so wuchtig. 
Außerdem ist er dank des Belts sehr leise. Eine weitere sehr wichtige Integration von uns war der Geschwindigkeits-Sensor: Hier wollten wir eine für den Trail-Einsatz adäquate und sichere Lösung finden, da in unseren Augen die Lösung mit der Befestigung des Magneten an der Speiche nicht optimal ist – schließlich ist der Motor auf das Geschwindigkeitssignal angewiesen und arbeitet nur, wenn er dieses bekommt.
Daher haben wir den Magneten an die Scheiben-Aufnahme montiert und den Geschwindigkeit-Sensor am Disc Brake Mount integriert.

Reichweite: Hier ist neben der großen Batterie (die übrigens IP67 ist!) und dem auf Effizienz getrimmten Motor vor allem unsere Mission Control Software zu nennen. Und dort zuforderst natürlich das bereits oben kurz beschriebene Smart Control Feature, das dem Rider die "Reichweitenangst" nimmt.

Er muss einfach nur Dauer des Rides, Distanz oder die Location nennen und der Smart Control Algorithmus übernimmt entsprechend die Kontrolle des Motor-Outputs, um sicherzustellen, dass der Rider mit der gewünschten Rest-Batteriekapazität ankommt. Die App ermöglicht aber beispielsweise auch das Tunen/individuelle Anpassen diverser Motor-Charakteristika (Einstellen der Modi, Ma Motor Output, Beschleunigungs-Sensibilität) und gibt durch das Diagnose-Feature zudem vollen Überblick über Motor und Batterie (Ladezyklen, Restgesundheit der Batterie) und zeigt über ein Ampelsystem dem Rider auf dem ersten Blick, ob das Bike, die Turbo-Technologie „gesund“ ist.

pb: Wie seht ihr die künftige Entwicklung bei sportiven eMTB’s? 
Wohin geht der Trend?
dg: E-MTBs gibt es ja noch nicht so lange - ähnlich wie auch bei den „normalen“ Mountainbikes gibt es Rider mit unterschiedlichen Einsatzzwecken und Bedürfnisse an ihr Bike und entsprechend wird man in der Zukunft natürlich versuchen, noch besser auf diese unterschiedliche Ansprüche / Bedürfnisse einzugehen. 

pb: Seht ihr schon eine Wachablösung der Retro MTB’s? Manche eurer MTB-Mitbewerber (die schon länger auch eBikes anbieten) gehen bereits davon aus, dass sie bei ihrer Marke in ca. 2 Jahren bereits mehr eMTB’s als normale verkaufen werden! Seid ihr da auch so „optimistisch“?
dg: Unserer Meinung nach haben sowohl E-MTB als auch das normale MTB eine glänzende Zukunft vor sich.
Das E-MTB wird natürlich eine gewisse Umverteilung bei den Verkäufen innerhalb der MTB Kategorie bewirken, wird aber außerdem auch neue Rider in den Sport bringen, was am Ende dem Moutainbike-Sport insgesamt zu Gute kommt. Entsprechend sind wir sehr erfreut über den Erfolg des E-MTB, glauben an die einzigartigen Vorteile eines E-MTB (the power to ride more trails) sowie an den weiteren Wachstum der Kategorie, sind uns aber gleichzeitig auch immer noch der Vorteile eines „normalen“ MTBs bewusst und glauben daher auch fest daran, dass es auch in Zukunft Rider für beide Kategorien geben wird.

pb: Wie seht ihr die Entwicklung in den USA mit dem Levo? Ist das schon der Durchbruch fürs eMTB?
dg: Die USA „hinkt“ im Bereich E-MTB dem europäischen Markt natürlich noch ein wenig hinterher. Jedoch ist E-MTB dort absolut bereits ein Thema und wird immer besser angenommen. Es muss aber natürlich noch sehr viel Aufklärung betrieben werden. Außerdem müssen dort noch einige rechtliche Aspekte final definiert werden, wie etwa der Trail-Zugang für E-MTBs. Anders als in den meisten Ländern Europas, gilt das E-MTB in der 25 km/h Einstellung dort noch nicht als normales MTB und darf entsprechend nicht auf denselben Trails gefahren werden. Hier sind wir allerdings, zusammen mit anderen Herstellern, im engen Kontakt mit Instanzen wie IMBA, um hier Aufklärung zu betreiben und Trails für E-MTBs sicherstellen zu können.

pb: Wie seid ihr mit der Resonanz auf das Levo zufrieden? 
dg: Es ist ja bei Händlern und in Endverbraucherforen bereits vielbesprochenes Highlight 2016!
Wir sind mit dem bisherigen Feedback sehr zufrieden und freuen uns, dass die Kunden unser Levo mitsamt den ganzen Detail-Lösungen so wertschätzen. Und natürlich freuen wir uns sehr darauf, bald möglichst viele unserer Bikes draußen auf den Trails zu sehen.


Vielen Dank für dieses ausführliche und interessante Interview!

Das Interview führt unser, bis vor kurzem noch aktiver Redakionskollege, Pedelexle.

2 Kommentare:

  1. Den Aussagen kann ich mich nach gut 500 km Levo voll anschließen.

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  2. Aber so was von. Stand kurz vor der Hobbyaufgabe wegen Arthrose in beiden Knien. Mit dem Levo kann ich wieder die Berge hoch radeln. Tolle Sache das Levo und gut aussehen tut es auch noch.

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